Umfassendes
Wissen
über die
Eisenspeicherkrankheit
Hämochromatose

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Eisenspeicherkrankheit
Hämochromatose

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über die
Eisenspeicherkrankheit
Hämochromatose

Deutung
der
Hämochromatose

Deutung
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Hämochromatose

Die Definition

Die Definition

Die Hämochromatose oder Eisenspeicherkrankheit ist die häufigste Erbkrankheit der westlichen Welt. Durch eine vermehrte Eisenaufnahme im oberen Dünndarm kommt es zu einer Überladung des Körpers mit Eisen. Beim gesunden Menschen werden täglich ein bis zwei Milligramm Eisen resorbiert, was in etwa dem täglichen Eisenverlust über Schweiss, Darm und Urin entspricht. Patienten mit Hämochromatose hingegen nehmen etwa drei bis vier Milligramm Eisen pro Tag auf. Dadurch gelangt mehr und mehr Eisen in den Körper, was zu einer zunehmenden Eisenablagerung im Körper führt. Das überflüssig aufgenommene Eisen wird hauptsächlich in Leber, Gelenken, Bauchspeicheldrüse (=Pankreas), Herz und Hirnanhangsdrüse (=Hypophyse) abgelagert und schädigt diese Organe.

Vorzeichen
der
Hämochromatose

Vorzeichen
der
Hämochromatose

Die Symptome

Die Symptome

Das Anfangsstadium der Hämochromatose zeichnet sich durch kaum bemerkbare Symptome aus. Die Betroffenen wissen meistens nicht, dass sie erkrankt sind. Oft vergehen viele Jahren, bis Beschwerden auftreten und die Diagnose gestellt wird. Erste Symptome der Hämochromatose treten bei Männern in der Regel zwischen dem 30. und dem 50. Lebensjahr auf, bei Frauen meistens nach den Wechseljahren, da durch die Menstruation Blut und somit Eisen auf natürliche Weise ausgeschieden wird. Erste Anzeichen der Erkrankung sind andauernde Müdigkeit, unklare Oberbauchschmerzen und allenfalls Gelenkbeschwerden, vor allem in den Mittelhand-Fingergelenken des Zeige- und Mittelfingers (aber auch andere Gelenke können betroffen sein). Die zunehmende Eisenablagerung in der Leber führt zuerst zu einer Vermehrung des Bindegewebes in der Leber (=Leberfibrose) und kann dann allenfalls einen narbigen Umbau der Leber nach sich ziehen (=Leberzirrhose). Hautveränderungen, Hormonstörungen, Zuckerkrankheit und Herzprobleme sind eher selten und treten je nach Hämochromatosetyp häufiger auf.

Übersicht der berichteten Beschwerden:

  • Müdigkeit, Schwäche
  • Oberbauchschmerzen
  • Gelenkschmerzen, vor allem Mittelhand-Fingergelenke des Zeige- und Mittelfingers
  • dunkle Hautpigmentierungen an sonnenexponierten Stellen, später Bronzetönung
  • Symptome einer Zuckerkrankheit (=Diabetes) wie z.B. ständiges Durstgefühl, häufiges Wasserlassen, Gewichtsverlust
  • Impotenz
  • Veränderung und Ausbleiben der Monatsblutung
  • Symptome einer Herzerkrankung wie z.B. Kurzatmigkeit, unregelmässiger Herzschlag.

Auslöser
der
Hämochromatose

Auslöser
der
Hämochromatose

Die Ursache

Die Ursache

Es gibt mehrere Gendefekte, die eine genetische Hämochromatose verursachen können. Je nach Mechanismus des Gendefektes, Krankheitsbeginn, Symptomen und Vererbung werden bislang 5 Typen unterschieden. Anzumerken ist, dass Typ 1 weitaus überwiegt, andere Typen sind sehr selten und werden nur der Vollständigkeit halber aufgelistet.

Typ 1 Hämochromatose

Wie erwähnt ist dies die häufigste Form der genetischen Hämochromatose. Sie wird durch ein defektes Gen, das HFE-Gen, ausgelöst und autosomal-rezessiv vererbt, d.h. die Erkrankung tritt nur dann auf, wenn beide Elternteile des betroffenen Menschen Träger des defekten Gens sind und dieses weitergegeben. Wird das defekte Gen nur von einem Elternteil vererbt, tritt die Erkrankung nicht auf, und der Betroffene wird nur zum Träger (vgl. Schema).

Wie es infolge des genetischen HFE-Defektes zu einer Eisenüberladung kommt, ist bis heute nicht genau geklärt. Wahrscheinlich führt das defekte HFE-Gen zu einem Eisen-Hormonmangel im Blut. Das kürzlich entdeckte Eisenhormon heisst Hepcidin und beeinflusst die Eisenaufnahme im Darm. Hat man zu wenig von diesem Hormon, wird viel Eisen im Darm aufgenommen. Die Ausprägung der genetischen Hämochromatose vom Typ 1 ist überaus variabel, d.h. einige Patienten haben viele Beschwerden, wohingegen andere kaum an Symptomen leiden. Dies beruht weniger auf äusseren Faktoren, die zwar ebenfalls zur vermehrten Eisenaufnahme führen können (z.B. Alkohol), sondern auf zusätzlichen noch unbekannten genetischen Faktoren, welche die Eisenaufnahme steigern. Das hauptsächliche Manifestationsalter liegt bei Männern zwischen dem 30. und dem 50. Lebensjahr, bei Frauen infolge der Menstruation (und somit des Eisenverlusts) eher später. Die häufigsten Beschwerden beim Typ 1 Hämochromatose sind Müdigkeit und Gelenkschmerzen, die anderen oben aufgelisteten Beschwerden sind seltener. In der Blutuntersuchung können, neben den erhöhten Eisenparametern (vgl. unten), typischerweise die Leberwerte erhöht sein.

Typ 2 Hämochromatose

Dieser Typ kommt sehr selten vor. Typischerweise treten die Beschwerden schon zwischen dem 20. und dem 30. Lebensjahr auf. Im Vordergrund stehen Herz -und Hormonprobleme. Folgende Gendefekte sind dafür zuständig: Typ 2A Hemojuvelin (HJV), Typ 2B Hepcidin (HAMP).

Typ 3 Hämochromatose

Bei diesem Typ liegt ein Gendefekt des Transferrinrezeptors 2 vor. Der Typ kommt sehr selten vor. Das Auftreten und die Art der Beschwerden ähneln dem von Typ 1.

Typ 4 Hämochromatose

Diesen ebenfalls seltenen Typ nennt man auch Ferroportin disease. Bei diesem Typ, liegt ein Gendefekt des Ferroportins vor. Es ist der einzige Hämochromatosetyp, der dominant vererbt wird, d.h. die Erkrankung tritt schon auf, wenn nur ein Elternteil Träger des defekten Gens ist und dieses weitergegeben hat. Es gibt 2 verschiedene Subtypen: Typ 4A ist charakterisiert durch eine normale Transferrinsättigung (vgl. unten) und eher leichten Symptomen. Das Auftreten und die Art der Beschwerden beim Typ 4B ähnelt denen von Hämochromatose Typ 1 und 3.

Bestimmung
der
Hämochromatose

Bestimmung
der
Hämochromatose

Die Diagnose

Die Diagnose

Die Diagnose wird in Zusammenschau mit den berichteten Beschwerden, einer genauen Befragung bezüglich der familiären medizinischen Vorgeschichte und dem Nachweis einer körperlichen Eisenüberladung gestellt. Diesbezüglich sollten folgende Untersuchungen vorgenommen werden:

1. Transferrinsättigung

Eisen wird im Blut an ein Trägerprotein gebunden und transportiert. Das Eisenträgerprotein heisst Transferrin. Ein Transferrin kann 2 Eisenmoleküle transportieren. Die Transferrinsättigung gibt an, zu wie viel Prozent das Transferrin mit Eisen beladen ist. Je mehr Eisen aufgenommen wird, desto stärker wird das Transferrin mit Eisen gesättigt. Ist das Transferrin bei Männern und Frauen zu mehr als 60% mit Eisen beladen, besteht mit grosser Wahrscheinlichkeit eine genetisch bedingte Mehreisenaufnahme resp. eine Hämochromatose (Ausnahme Typ 4a). Insbesondere bei jüngeren Patienten, die eine hereditäre Hämochromatose haben, kann die Transferrinsättigung schon erhöht sein, das Eisenspeicherprotein (=Ferritin vgl. unten) aber noch normal. Anzumerken ist, dass die Bestimmung der Transferrinsättigung nahrungsabhängig ist und Tagesschwankungen unterliegt.

2. Serumferritin

Eisen wird im Gewebe an ein Speicherprotein gebunden. Das Speicherprotein heisst Ferritin. Die Höhe des Ferritins im Blut widerspiegelt das Ausmass der Eisenspeicherung im Gewebe. Ferritinwerte von über 300 µg/l bei Männern, und von über 200 µg/l bei Frauen gelten als erhöht. Anzumerken ist, dass das Ferritin auch bei Erkrankungen, die mit einer Entzündung einhergehen, erhöht sein kann. Somit widerspiegelt die Ferritinbestimmung in diesen Situationen das Ausmass des Körpereisenspeichers nicht zuverlässig.

3. Genmutationsbestimmung

Die folgenden Ausführungen beschränken sich auf die Genmutationen des häufigsten Hämochromatosetyps, nämlich die HFE-Genmutationen vom Typ 1. Auf die sehr seltenen Genmutationen der Hämochromatosetypen 2 bis 4 wird nicht eingegangen. Für weitere Informationen diesbezüglich können Sie uns gerne kontaktieren.

Heutzutage können 2 Genmutationen im HFE-Gen im Blut bestimmt werden: Die Mutationen C282Y und H63D. Bestehen Symptome, eine familiäre Vorbelastung und/oder erhöhte Eisenparameter, sollte die HFE-Mutation bestimmt werden. Folgende Genmutationskonstellationen können vorkommen:

C282Y homozygot (C282Y/C282Y): Bei erhöhten Eisenparametern und C282Y-Homozygotie ist die Diagnose gesichert. Bestehen keine erhöhten Eisenparameter (Transferrinsättigung resp. Ferritin normal) aber dennoch eine Homozygotie für C282Y, kann man von einer „nicht symptomatischen“ Mutation ausgehen, d.h. trotz genetischer Mutation kommt es nicht zu einer Eisenmehraufnahme. Man geht davon aus, dass nur etwa 50% der Patienten mit der Mutation zuviel Eisen aufnehmen.

C282Y heterozygot-H63D heterozygot (=Compound Heterozygotie): Die Eisenüberladung ist bei diesen Patienten meist leichter, häufig bestehen aber keine Symptome. Die Mehrheit der Patienten mit dieser Mutation nimmt nicht zuviel Eisen auf.

C282Y heterozygot-H63D wildtyp (wildtyp=keine Mutation): Diese Konstellation bedeutet, dass man Träger der C282Y-Mutation, d.h. gesund ist und keine Veranlagung zur Eisenüberladung hat. Das Trägertum wird vor allem relevant, wenn ein Kinderwunsch besteht, da generell circa 10% der schweizerischen Bevölkerung Träger sind und somit ein nicht unbedeutendes Risiko besteht, dass der Partner ebenfalls Träger ist. Ist dem so, besteht ein Risiko von 25%, dass das Kind homozygot für die C282Y-Mutation ist und eine potentielle Veranlagung für eine vermehrte Eisenmehraufnahme hat.

Andere HFE-Genmutationskonstellationen:

H63D homozygot: Diese Mutation kommt sehr selten vor, kann aber vereinzelt ebenfalls zu einer vermehrten Eisenaufnahme resp. einer leichten Form einer Hämochromatose führen.

C282Y wildtyp-H63D heterozygot und C282Y wildtyp-H63D wildtyp: Diese beiden Genmutationskonstellationen führen nicht zu einer Eisenüberladung resp. einer Hämochromatose.

4. Leberbiopsie

Früher war zur Diagnose einer Hämochromatose die Entnahme von Lebergewebe mittels Biopsie notwendig, wobei der mikroskopische und chemische Mehrgehalt an Eisen in der Leber festgestellt wurde. Heute hat die Bestimmung der HFE-Genmutationen die Leberbiopsie aus diagnostischen Gründen weitgehend abgelöst. Bei Patienten mit hereditärer Hämochromatose mit Ferritinwerten über 1000 µg/l und erhöhten Leberwerten sollte man jedoch eine Leberbiopsie erwägen, um den Grad der Leberschädigung und des Lebernarbenumbaus festzustellen resp. den Zirrhosenachweis zu erbringen. Dabei ist die Indikation zur Leberbiopsie nicht aus diagnostischen Gründen, sondern aus prognostischen Gründen gegeben, da Patienten mit narbigem Leberumbau engmaschiger medizinisch kontrolliert werden müssen (vgl. unten). Bei Patienten ohne Genmutation und Verdacht auf Eisenüberladung sollte zur Diagnosesicherung ebenfalls eine Leberbiopsie durchgeführt werden.

5. Andere Untersuchungen im Blut

Typischerweise finden sich bei Patienten mit hereditärer Hämochromatose erhöhte Leberwerte (meist isolierte Alanin-Aminotransferase-Erhöhung). Ebenfalls sollte der Zucker im Blut bestimmt werden, da die Bauchspeicheldrüse durch den vermehrten Eisengehalt geschädigt werden kann, was zu einer Zuckerkrankheit führen kann. Andere Untersuchungen im Blut sollten je nach Beschwerden durchgeführt werden (z.B. hormonelle Untersuchen bei Erektionsbeschwerden).

6. Bildgebende Untersuchungen

Besteht eine Unsicherheit bezüglich der Diagnose einer Eisenüberladung und ist eine Leberbiopsie aus medizinischen Gründen nicht möglich, kann eine Magnetresonanztomographie durchgeführt werden. Typischerweise stellen sich die Organe mit Eisenüberladung schwarz dar.

Behandlung
der
Hämochromatose

Behandlung
der
Hämochromatose

Die Therapie

Die Therapie

Ziel der Therapie bei einer Hämochromatose ist das Leeren der überfüllten Eisenspeicher der menschlichen Gewebe. Damit wird gewährleistet, dass keine weiteren potentiellen Schäden entstehen. Dies wird am effektivsten, sichersten und billigsten durch wiederholtes Blutlassen (=Aderlass) erreicht. Die Frequenz der Aderlässe und die Blutmenge, die pro Aderlass entzogen wird, werden je nach Wohlbefinden, Verträglichkeit der Therapie und dem Krankheitsbild des Patienten persönlich angepasst. Normalerweise werden dem Patienten zum Anfang der Therapie ein- bis zweimal pro Woche 450-500 ml Blut abgenommen, was ca. 250 mg Eisen entspricht. Bei Patienten mit sehr hohen Ferritinwerten kann die Aderlasstherapie alle fünf Tage durchgeführt werden. Die Patienten sollen vor und nach dem Aderlass auf gute Hydrierung achten, d.h. viel Flüssigkeit zu sich nehmen, und nach der Therapie keinen Ausdauer- oder Kraftsport betreiben. Im Allgemeinen werden die Aderlässe problemlos vertragen. Ist der Ferritinwert von 50-100µg/l erreicht, können die Aderlassintervalle vergrössert werden. Danach wird die Therapie individuell angepasst und nur noch ein- bis sechsmal pro Jahr ein Aderlass durchgeführt. Der anzustrebende Ferritinwert ist um 100µg/l. Die Aderlasstherapie muss meist lebenslang durchgeführt werden. Sollte das Ferritin auch ohne Aderlass nicht mehr ansteigen, so ist immer an einen unbemerkten Blutverlust (Darm) zu denken, und weitere Abklärungen sind erforderlich. In sehr seltenen Fällen, wie bei ausgeprägter Blutarmut oder fortgeschrittener Herzkrankheit, ist ein Aderlass wenig sinnvoll. Da kann eine medikamentöse Therapie der Hämochromatose angewendet werden. Die medikamentöse Behandlung erfolgt mit einem Präparat, welches Eisen bindet. Diese Therapieform ist aber weniger effektiv, nebenwirkungsreicher und aufwändiger als die Aderlasstherapie.

Ernährung

Eine spezielle, eisenarme Diät für Patienten mit Hämochromatose ist nicht notwendig. Es sollten aber nicht exzessiv rotes Fleisch, Innereien, Vitamin C enthaltende Nahrungsergänzungen und Rotwein konsumiert werden. Multivitaminpräparate mit Vitamin C und Eisen sollten nicht eingenommen werden.

Verlauf
der
Hämochromatose

Verlauf
der
Hämochromatose

Die Prognose

Die Prognose

Entscheidend für die Prognose bei Patienten mir einer Hämochromatose ist, wie schwer der Organbefall, insbesondere der Leber, ist. Bei Patienten mit ausgeprägter vernarbter Leber (Zirrhose) und Diabetes scheint die Lebenserwartung verkürzt zu sein. Ansonsten ist die Lebenserwartung normal. Mit der Aderlasstherapie bessern sich Beschwerden wie Müdigkeit, Anzeichen einer Lebererkrankung, Hautpigmentierung, Oberbauchschmerzen, Potenzminderung. Die Gelenkschmerzen sprechen in der Regel bei Hämochromatose nicht auf die Therapie an. Bei Patienten mit Leberzirrhose und hohen Ferritinwerten (über 1000µg/l bei Diagnose) sollte regelmässig ein Ultraschall der Leber durchgeführt werden.

Vorsorge
der
Hämochromatose

Vorsorge
der
Hämochromatose

Die Prophylaxe

Die Prophylaxe

Der hereditären Hämochromatose kann nicht vorgebeugt werden. Eine Untersuchung von Verwandten 1. Grades kann eine rechtzeitige Information über die möglichen Betroffenen in der Familie liefern, was eine entscheidende Rolle für die Prognose der Hämochromatose spielen kann. Besteht ein Kinderwunsch, sollte der Partner ebenfalls auf die HFE-Genmutation untersucht werden, um die potentielle Trägerschaft der Nachkommen abzuschätzen.